Newsletter BDS Schweiz - (Gesundheits-)Apartheid
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«Die Dinge bei ihrem richtigen Namen zu nennen – Apartheid –, zeugt nicht von Verzweiflung: Es zeugt vielmehr von moralischer Klarheit, ein Schritt auf einem langen, von Hoffnung inspirierten Weg. Seht die Realität als das, was sie ist, benennt sie, ohne mit der Wimper zu zucken – und helft mit, eine gerechte Zukunft zu verwirklichen.»
Hagai El-Ad, Exekutivdirektor von B'Tselem
Seit 15 Jahren betont die BDS-Bewegung, dass die israelische Regierung eine Politik der Apartheid in Sinn der Definition der Konvention zur Unterdrückung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid verfolgt. Diese Analyse basiert auf dem diskriminierenden Charakter der israelischen Politik, einem Erbe der zionistischen Ideologie, das für alle Gebiete unter Kontrolle des israelischen Staates gilt. Es dauerte, bis diese Analyse in der Solidaritätsbewegung mit den Palästinenser*innen akzeptiert wurde.
Ab dem Jahr 2000, mit der 2. Intifada, gewann das Thema der Apartheid im besetzten palästinensischen Gebiet an Dynamik. Der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu prangerte nicht nur das Verbrechen der Apartheid in Israel an, er schlug auch Boykottmassnahmen vor, um dem ein Ende zu setzen. Im Jahr 2012 rügte die UN-Kommission zur Beseitigung der Rassendiskriminierung Israel für seine Rassentrennung im besetzten Gebiet. Innerhalb der UNO gab es mehrere Berichte zum Thema Apartheid in Israel. Im Jahr 2017 prangerte ein von der ESCWA (Economic and Social Commission for Western Asia) in Auftrag gegebener Bericht von Richard Falk und Virginia Tilley dieses Apartheidregime kategorisch an. Auf Druck Israels und der USA liess UN-Generalsekretär Guterres den Bericht unter Berufung auf Verfahrensfragen von der UN-Website zurückziehen, aber niemand fand darin auch nur den geringsten methodischen oder analytischen Fehler.
Im Jahr 2018 verabschiedete die Knesset ein neues Gesetz zum Nationalstaat, das mehrere Kategorien von Bürger*innen mit unterschiedlichen Rechten schafft. Der institutionalisierte Aspekt der israelischen Apartheidpolitik konnte nicht länger ignoriert werden.
Im Juli 2020 veröffentlichte Yesh Din, eine israelische NGO von Anwält*innen und Jurist*innen, die sich für den Schutz der Menschenrechte der im besetzten Westjordanland lebenden Palästinenser*innen einsetzt, ein Rechtsgutachten, das zu dem Schluss kam, dass Israel im Westjordanland systematisch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form eines Apartheidregimes begeht, dessen Opfer die palästinensische Bevölkerung ist. Im Januar 2021 prangerte B'Tselem, eine der führenden israelischen Menschenrechtsorganisationen, die israelische Apartheidpolitik im besetzten Gebiet wie auch in Israel selbst an.
Nach diesen beiden Stellungnahmen zögerte Gideon Levy, ein Journalist der Zeitung «Haaretz», nicht, zu schreiben: «Lernt die Apartheid kennen, den Apartheidstaat. Wir leben darin, wir sind Teil davon, wir sind Partner darin: Es ist unser Land».
Israel: Ein auf Apartheid basierendes Gesundheitssystem
In dieser Zeit der Pandemie, in der es viele Fragen zu Impfstoffen, ihrer Herstellung und dem Zeitrahmen für die Impfung gibt, loben mehrere Medien den Erfolg Israels als führend in diesem Bereich. So berichtet die Zeitung «Le Monde» in einem Artikel mit der Überschrift «Israël, le laboratoire de l'efficacité vaccinale», dass einen Monat nach Beginn der Kampagne bereits 10% der Bevölkerung geimpft sind.
Dieser Artikel, wie auch viele andere Medien, versäumt es aber, darauf hinzuweisen, dass die 5 Millionen Palästinenser*innen, die unter der Besatzung eines Staates leben, der als vorbildlich dargestellt wird, keinen Impfstoff haben.
Die britische Zeitung «The Guardian» hebt sich von anderen Medien ab, indem sie das Thema Impfungen in einen breiteren Kontext stellt. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass Netanyahus Priorität auf Impfstoffe eng mit den für März angesetzten Wahlen verbunden ist. Andererseits wirft das Papier die Frage nach dem Ausschluss der Palästinenser*innen auf: «Millionen von Palästinenser*innen, die unter israelischer Kontrolle im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen leben, werden nicht in die Impfkampagne einbezogen, was dem Land die Vorwürfe einbringt, seinen moralischen, humanitären und rechtlichen Verpflichtungen nicht nachzukommen.»
Ein Artikel von Yara Hawari von «Al Shabaka», der von «Al Jazeera» veröffentlicht wurde, bietet eine tiefergehende, umfassende Analyse der dramatischen Situation der Palästinenser*innen, die sich im Zusammenhang mit der Pandemie noch verschärft.
Ein Gesundheitssystem, wie effizient es auch sein mag, das systematisch und institutionell eine Gruppe von Menschen diskriminiert, ist ein Gesundheitssystem, das auf Apartheid basiert – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Unterzeichne die Avaaz-Petition «Nein zur Gesundheits-Apartheid»
Die Petition fordert die EU dazu auf, Israel nachdrücklich an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen als Besatzungsmacht im Bereich der Gesundheit zu erinnern und die Zusammenarbeit mit Israel auszusetzen, bis diese Verpflichtungen erfüllt sind.