Protestkundgebung zur Eröffnung von Culturescapes
Categories: Kultureller Boykott
Ein offener Brief von BDS Schweiz, PACBI und Boycott!, unterstützt von zahlreichen anderen Solidaritätsgruppen aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Österreich und den Niederlanden, an die Kulturschaffenden aus der Schweiz, die im Rahmen der Swiss Season von Culturescapes Israel 2011 eingeladen sind, in Israel aufzutreten.
Als PDF auf Deutsch, Französisch und Englisch
Komplizenschaft oder Solidarität? Sie haben die Wahl!
Offener Brief an die Künstler und Teilnehmer der Programmgestaltung "Swiss Season" in Israel: Basler Madrigalisten; Alias/Guilherme Botelho; Raphaël Cuomo und Maria Iorio; Isabelle Favez; Catalin Dorian Florescu; Bruno Ganz; Fabrice Gygi und Christoph Büchel; Sophie Heldman; Christina Hemauer und Roman Keller; Christian Kracht; Ueli Mäder; Iaonnis Mandafounis und Fabrice Mazliah; Tabea Martin; Ernesto Molinari; Lionel Monnet, Xavier Pignat und Julien Zufferey (Trio Nota Bene); Louis Palmer; Peng! Palast Theater; Erik Schmit; Mohammed Soudani; Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta; Michel Wintsch, Baenz Oester und Gerry Hemingway (WHO Trio); Zürcher Ballet Heinz Spoerli
Genf, Basel, Ramallah, Tel Aviv und andere, 26. September 2011
Sehr geehrte Damen und Herren
Während drei Monaten findet in Zusammenarbeit mit israelischen Regierungsstellen in der Schweiz das Festival "Culturescapes Israel" und parallel dazu in Israel die ebenfalls von der Stiftung Culturescapes organisierte "Swiss Season" statt. Mit grosser Enttäuschung haben wir erfahren, dass Sie an der "Swiss Season" teilnehmen und schweizerisches Kulturschaffen in Israel repräsentieren werden.
Die BDS-Bewegung in der Schweiz, die den palästinensischen Aufruf für Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen den Staat Israel unterstützt, kritisiert seit Monaten diese beiden Kulturveranstaltungen, weil sie Teil einer Medienoffensive der israelischen Regierung und ihr angeschlossener Stellen sind. Das diesjährige Festival Culturescapes wird finanziell und logistisch unter anderem vom israelischen Aussenministerium und der Gesellschaft Schweiz-Israel, der stärksten Israel-Lobby in der Schweiz, unterstützt. Das israelische Aussenministerium ist auch an der Durchführung der "Swiss Season" in Israel beteiligt.(1) Damit versucht Israel, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von seiner empörenden Unterdrückungspolitik abzulenken. Die BDS-Bewegung in der Schweiz verurteilt diese Missbrauch von Kultur und Kunst zugunsten der Legitimierung einer unmenschlichen Politik und hat aus diesem Grund die Kunstschaffenden ausdrücklich dazu aufgerufen, die Zusammenarbeit in diesem Rahmen abzulehnen und sich nicht an den diejährigen, von der Stiftung Culturescapes organisiserten Veranstaltungen zum Schwerpunkt Israel zu beteiligen.
Vielleicht ist Ihnen nicht bewusst, dass Sie hier in eine umfassende PR-Kampagne eingebunden werden, um das israelische Image aufzupolieren? Sie können sich jedoch immer noch daraus zurückziehen. Anstatt einem Staat, dessen Menschenrechtsverletzungen weltweit die Bevölkerungen aufrütteln, Rückendeckung zu bieten, möchten wir Sie auffordern, den Aufruf des palästinensischen Volkes aufzugreifen und dessen Kampf für Leben und Gerechtigkeit durch die gewaltfreien Mittel von BDS zu unterstützen. Über 170 Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft einschliesslich Gewerkschaften und verschiedenen Basisinitiativen rufen verantwortungsbewusste Menschen weltweit zum Boykott gegen Israel auf, um ihrer Ablehnung der israelischen Politik der ethnischen Säuberung und der Unterdrückung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung Nachdruck zu verleihen.(2) Palästinensische Kulturschaffende und Intellektuellen haben sich ebenfalls zusammengeschlossen und rufen zum akademischen und kulturellen Boykott Israels auf, mit den sie ihre KollegInnen auf der ganzen Welt auffordern, sich nicht durch einen repressiven Staat instrumentalisieren zu lassen.(3) Der Aufuruf der palästinensischen Zivilgesellschaft an die BürgerInnen in aller Welt ist eine Reaktion auf den moralischen Bankrott der Regierungen, die durch ihre Unterstützung oder ihr Schweigen zulassen, dass in Palästina straflos Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden können. In diesem Zusammenhang verurteilen wir die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Stiftung Pro Helvetia, die das Festival "Culturescapes Israel" und die "Swiss Season" in Israel offiziell unterstützen.
Wir wenden uns an Sie alle als TeilnehmerInnen an der "Swiss Season", darunter namentlich den Schauspieler Bruno Ganz, das Zürcher Ballett unter Heinz Spoerli, die Basler Madrigalisten, Peng! Palast aus Bern; die Genfer Kompanie Alias/Guilherme Botelho, den Schriftsteller Christian Kracht, die bildenden Künstler Fabrice Gygi und Christoph Büchel: Ihr Prestige und internationale Ansehen verpflichten Sie, als verantwortungsvolle Bürger zu handeln. Sie müssen gegenüber den jüngeren Künstlern, die Sie in diesem fragwürdigen Abenteuer begleiten, vertreten, wohin Sie gehen und was damit verbunden ist.
Sie alle haben die Wahl. Wenn Sie die offizielle Einladung annehmen um an der "Swiss Season" mitwirken, wird die israelische Regierung nicht zögern, Ihre Präsenz als Zeichen der Legitimierung ihrer Politik auszunützen. Sie liefern ihr damit die moralische Rückendeckung, die sie so nötig hat, damit die Welt die Abriegelung des Gazastreifens, die militärische Besatzung, die Kolonisierung im Westjordanland und Ostjerusalem und die institutionalisierte Diskriminierung der palästinensischen BürgerInnen in Israel toleriert. Israel braucht KünstlerInnen, um der Apartheidpolitik gegenüber den PalästinenserInnen einen zivilisierten Schein zu verleihen.
Sie alle haben die Wahl. Die PalästinenserInnen rufen Sie dazu auf, sich nicht zu Komplizen ihrer Unterdrückung zu machen, sondern sich mit ihrem Widerstand und ihrem Kampf für Gerechtigkeit und anständige Lebensbedingungen zu solidarisieren. Wenn Sie Ihre Teilnahme an der "Swiss Season" absagen, werden Sie mithelfen, den internationalen Druck auf Israel zu erhöhen, damit die israelische Führung realisiert, dass ihre Machenschaften nicht länger geduldet werden. Sie können dazu beitragen, die BDS-Bewegung zu stärken, die Millionen von AktivistInnen und BürgerInnen Tag für Tag aufbauen.
Lassen Sie sich vom Beispiel der moralischen, humanistischen Haltung der indischen KünstlerInnen und GaleristInnen inspirieren, die es kürzlich abgelehnt haben, ihre Werke im Tel Aviv Museum im Rahmen einer ähnlichen Veranstaltung wie der "Swiss Season" auszustellen.(4) Schliessen Sie sich den KünstlerInnen an, die sich unter den BDS-Aufruf gestellt haben: wie Andy Bichlbaum und Mike Bonanno (The Yes Men), Bono, Massive Attack, Tindersticks, Roger Waters, der kürzlich verstorbene Dichter Gil Scott Heron, die Filmemacher Mike Leigh und Ken Loach, die Schriftsteller Henning Mankell, John Berger, Arundhati Roy und Alice Walker und zahlreiche andere Intellektuelle wie Naomi Klein, Judith Butler und Slavoj Zizek.
Israel ist mächtig, die tödlichen Machenschaften von Israel rütteln weltweit bewusste Menschen auf, doch die mächtigsten Staaten garantieren Israel Straffreiheit. Wir können, indem wir uns auf die Seite der Unterdrückten stellen und das friedlichste Mittel des Widerstands einsetzen, das es gibt, den Boykott, ebenfalls mächtig sein.
BDS Switzerland (http://www.bds-info.ch - http://bdsmovement.net)
Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (http://pacbi.org)
BOYCOTT! Supporting the Palestinian BDS call from within (http://boycottisrael.info/)
Unterstützt von: Basler Frauenvereinigung für Frieden und Fortschritt; BDS Gruppe Berlin; BDS Gruppe München; British Committee for the Universities of Palestine; Campagne BDS France; Collectif Urgence Palestine, Genève; Collectif UrgencePalestine, Neuchâtel; Collectif Urgence Palestine, Vaud; Frauen für den Frieden, Basel; Frauen in Schwarz, Wien; free-palestine.ch; Gesellschaft Schweiz-Palästina/Association Suisse-Palestine; Gerechtigkeit und Frieden in Palästina, Bern; Gruppe Solidarität mit der arabischen Demokratiebewegung, Region Bielefeld; International Jewish Antizionist Network CH; Kritischen Juden und Israelis, Berlin; Kritische Jüdische Stimme, Österreich; Palästina-Solidarität Region Basel, Samenwerken vor Palestina, Niederlande.
Anmerkungen
[1] http://www.culturescapes.ch/israel ; http://israel.culturescapes.ch/culturescapes
[2] http://www.bdsmovement.net/call
[3] http://www.pacbi.org/etemplate.php?id=869 (link nicht mehr aktiv)
[4] http://www.pacbi.org/etemplate.php?id=1679