Motion Imark stellt Angriff auf die BDS-Bewegung dar
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Seit einiger Zeit intensiviert Israel die Angriffe auf zivilgesellschaftliche Organisationen und MenschenrechtsaktivistInnen, die sich für die Rechte der PalästinenserInnen auf Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen. Davon betroffen ist in erster Linie die palästinensische Bevölkerung, aber auch israelische und palästinensische NGOs sowie internationale MenschenrechtsaktivistInnen und Organisationen. Angesichts einer international erstarkenden Bewegung, die mit Nachdruck ein Ende israelischer Völker- und Menschenrechtsverletzungen fordert und sich gegen die Straflosigkeit Israels wehrt, versucht die israelische Regierung, die freie Meinungsäusserung einzuschränken, um jegliche Kritik an ihrer Politik zu unterdrücken. Dabei wird auch versucht, die Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) zu kriminalisieren.
Mit dem offiziellen Eintritt der Partei „Unser Zuhause“ in die bereits heute stark nationalistische Regierungskoalition unter Premier Netanjahu rückt das israelische Kabinett noch weiter nach rechts-aussen. Kürzlich ist der selbst als Hardliner bekannte Verteidigungsminister Ya’alon aus Protest gegen die „extremistischen Kräfte, die das Land Israel und den Likud an sich gerissen haben“, zurückgetreten. Mit Avigdor Lieberman wurde ein rassistischer Ultranationalist neuer Verteidigungsminister, der für seine chauvinistischen politischen Aussagen bekannt ist. So fordert er unter anderem die Deportation aller PalästinenserInnen mit israelischer Staatsbürgerschaft und die Todesstrafe gegen „anti-israelische Attentäter“.
Im israelischen Parlament hat kürzlich ein neuer Gesetzesvorschlag, der eine massive Verschärfung der staatlichen Kontrolle über Menschenrechtsorganisationen vorsieht, die erste Hürde genommen.
Amnesty International und andere anerkannte Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch zeigen sich höchst besorgt über die zunehmenden Angriffe auf politische Freiheiten und fordern die israelischen Behörden auf, sicherzustellen, dass palästinensische MenschenrechtsverteidigerInnen ihre Arbeit frei ausüben können. Hintergrund für diesen Aufruf bilden verschiedene Statements von Mitgliedern der israelischen Regierung aus der letzten Zeit. So forderte der Geheimdienstminister Yisrael Katz öffentlich die „gezielte zivile Eliminierung“ von führenden Mitgliedern der palästinensischen BDS-Kampagne, deren Bekämpfung für die israelische Regierung hohe Priorität hat. Aber auch Organisationen wie Breaking the Silence wurden von Ex-Verteidigungsminister Ya’alon des Hochverrats bezichtigt. Laut israelischen Medienberichten und Aussagen von RegierungsvertreterInnen überwacht der Nachrichtendienst zudem auch ausserhalb Israels Mitglieder internationaler Menschenrechtsorganisationen und verstösst dabei gegen inländisches Recht in anderen Staaten.
Auf die verschärften Angriffe reagiert auch das Netzwerk der Europäischen Koordination der Komitees und Verbände für Palästina (ECCP) mit einem Aufruf, der von über 350 Menschenrechtsorganisationen, kirchlichen Gruppen, Gewerkschaften und Parteien aus ganz Europa unterstützt wurde. Die Unterzeichnenden fordern die EU auf, das Recht von Individuen und Institutionen, die die israelische Politik kritisieren oder sich an der BDS-Bewegung beteiligen, zu verteidigen.
Da es der israelischen Regierung nicht möglich war, die weltweite Ausbreitung des palästinensischen Aufrufs zu Boykott, Desinvestition und Sanktionen zu stoppen, versucht Israel, andere Länder für demokratiefeindliche Massnahmen zu gewinnen. Einzelne europäische Regierungen sowie die USA und Kanada haben auf Betreiben Israels antidemokratische Gesetze und repressive Massnahmen gegen AktivistInnen eingeführt, die sich für die palästinensischen Rechte einsetzen oder aktiv in der BDS-Bewegung mitwirken. Auch in der Schweiz gibt es einen politischen Vorstoss, der in eine ähnliche Richtung zielt. Am 26. April 2016 reichte Nationalrat Christian Imark eine Motion ein, die das Engagement von NGOs und Hilfswerken in Israel/Palästina in Frage stellt und BDS sowie israelkritische Stellungnahmen mit antisemitischen und hetzerischen Aktionen gleichsetzt. Die Informationen, auf die sich die Motion stützt, stammen vom NGO-Monitor, einer pro-israelischen Lobbygruppe, die seit Jahren das Engagement von NGOs und UNO-Gremien zugunsten der Rechte der palästinensischen Bevölkerung zu diskreditieren versucht.
Im aktuellen Kontext, in dem, wenn es nach den Wünschen Israels geht, das Recht auf freie Meinungsäusserung stark beschnitten werden soll, geht es darum, dieses in der Schweizer Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Grundrecht mit Entschiedenheit zu verteidigen.
Ermutigende Schritte zur Anerkennung der Legitimität gewaltfreier zivilgesellschaftlicher Kampagnen und namentlich der BDS-Bewegung kommen aus einzelnen europäischen Ländern: Mitte Mai erklärte der holländische Aussenminister auf eine parlamentarische Anfrage, das Recht auf Boykott als politischem Druckmittel unterliege der Meinungsfreiheit. Kurz darauf bezeichnete der Aussenminister Irlands BDS als eine „legitime politische Meinung“. Bereits im März hat das schwedische Aussenministerium erklärt , BDS sei „eine Bewegung der Zivilgesellschaft„ und Regierungen sollten „sich nicht in Auffassungen zivilgesellschaftlicher Organisation einmischen“.